Eigentlich haben Sie alles: Ihren Traumjob, die Beförderung, Sie stehen kurz vor der Veröffentlichung Ihres Buches… Warum haben Sie dann trotzdem das Gefühl nicht zu genügen?

 

 Das Hochstapler-Syndrom

Foto: Joice Kelly, Unsplash

 

Das Hochstapler-Syndrom

 

Das Phänomen sich selbst als Betrüger*in zu sehen oder als jemand, dessen Erfolg nur auf Glück basiert, ist erstaunlich verbreitet. Obwohl diese Personen viel erreicht haben, führen sie ihren Erfolg nicht auf ihre eigenen Fähigkeiten zurück, sondern auf äußere Faktoren. Die Betroffenen fühlen sich als Hochstapler*innen, die anderen nur vorgaukeln, dass sie kompetent sind. Sie fürchten sich davor, über ihre Erfahrungen zu sprechen, weil sie glauben, dass sie jederzeit enttarnt werden können. Der Name für dieses Problem leitet sich von dieser Erfahrung ab: Hochstapler-Syndrom (auch Impostor-Syndrom).

 

Das Risiko, „enttarnt“ zu werden

 

Das Hochstapler-Syndrom wurde erstmals in den 1970er Jahren beschrieben, als ein Gefühl erfolgreicher Menschen, die glauben ihre Erfolge nicht verdient haben. Der zentrale Aspekt des Impostor-Syndroms ist das Gefühl ein*e Betrüger*in zu sein und die Furcht, von dem Umfeld „enttarnt“ zu werden. Die Betroffenen fürchten bloßgestellt zu werden und haben Mühe, ihre Leistungen als die ihrigen anzuerkennen. Das Impostersyndrom ist zwar keine klinische Diagnose, aber es ist eine reale und spezifische Situation, mit der Tausende täglich zu kämpfen haben.

 

Ein weit verbreitetes Problem

 

Ursprünglich ging man davon aus, dass das Hochstaplersyndrom häufiger bei Frauen auftritt, aber inzwischen wissen wir, dass es Männer und Frauen gleichermaßen betrifft. Die tatsächliche Anzahl der Betroffenen ist unbekannt, da die meisten Menschen nicht bereit sind darüber zu sprechen. Es handelt sich jedoch um ein verbreitetes Phänomen. Es kommt in allen Bevölkerungsschichten und über verschiedenste Berufsgruppen hinweg vor, allerdings scheint es vor allem unter Menschen mit höherer Ausbildung besonders verbreitet zu sein. 

 

Warum tritt das Hochstapler-Syndrom auf?

 

Der erste Grund ist eine kognitive Verzerrung, die als Dunning-Kruger-Effekt bekannt ist. Sie besagt, dass kompetente Menschen sich ihrer Grenzen eher bewusst sind, während inkompetente Menschen sich darüber weniger bewusst sind, sich generell weniger Gedanken machen und oftmals davon ausgehen, dass die sie über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Dieser Effekt führt dazu, dass kompetente Menschen sich selbst eher negativ einschätzen, weil sie sich stärker bewusst sind, was sie nicht wissen.

Der zweite Grund sind Selbstzweifel und ein geringeres Selbstwertgefühl. Viele Menschen haben ihr ganzes Leben lang damit zu kämpfen ihre Leistungen als ihre eigenen zu akzeptieren, vor allem, wenn ihr Umfeld sie dabei nie besonders unterstützt hat. Menschen mit Hochstapler-Syndrom kommen manchmal aus Familien, in denen Stolz auf die eigenen Leistungen nicht erwünscht war oder in denen man Angst hatte, das Kind durch Lob zu „verhätscheln“. Sie kommen aber auch häufig aus einem Umfeld mit besonders hohem Leistungsdruck.

Ein kritisches Umfeld voller Druck kann der Person das Gefühl geben, dass ihr Selbstwertgefühl direkt davon abhängt, wie viel sie leisten kann und oft fühlt es sich nie genug an, egal wie sehr sie sich auch bemüht. Es spielt keine Rolle, ob die Person messbare Erfolge erzielt hat; sie kann sich selbst nicht als erfolgreich betrachten und geht davon aus, dass dies daran liegt, dass sie es tatsächlich nicht ist. Daher fühlen sie sich wie Schwindler und Betrüger.

 

Was können wir tun, um dem Hochstapler-Syndrom entgegenzuwirken?

 

Zunächst müssen wir unsere Leistungen anerkennen und feiern. Wir müssen das tun, ohne sie abzuwerten, was uns oft nicht leicht fällt. Wie kann man das also tun? Sie können sich darauf konzentrieren eine Sache zu finden die Sie heute richtig gemacht haben. Sie können sich auch etwas Zeit nehmen, um Ihre Leistungen zu feiern. Erzählen Sie anderen davon und vermeiden Sie Phrasen wie „Ich hatte einfach nur Glück“ oder „Das hätte doch jeder schaffen können“. Ihr Ziel ist es, Ihre Stärken zu erkennen.

Ein weiterer Tipp ist Ihre Stärken und Schwächen zu erkennen. Wir sind nicht perfekt und wenn wir erkennen, dass wir bestimmte Schwächen haben, kann das helfen, dem Gefühl entgegenzuwirken, dass wir Schwindler sind und nicht viel können. Es ist wichtig der Versuchung zu widerstehen, nur sehr allgemeine Aspekte zu nennen. Stattdessen ist es sinnvoll realistische Schwächen zu erkennen und zu sehen, was man tun kann, um sie auszugleichen.

Schließlich kann es in dieser Situation sehr hilfreich sein, mit anderen zu sprechen. Menschen mit Hochstapler-Syndrom vermeiden dies oft, weil sie Angst haben, entdeckt zu werden. Aber das Gespräch mit anderen kann uns helfen ein angemessenes Feedback darüber zu erhalten, was wir richtig und was wir falsch machen, neue Perspektiven zu gewinnen und zu erfahren, dass andere unsere Erfahrungen teilen.

 

Für mehr…

 

Wenn Sie noch mehr über das Imposter-Syndrom erfahren möchten, kann ich Ihnen dieses englischsprachige Podcast-Interview meiner Kollegin Melissa Parks im Expat Cast Podcast empfehlen. Melissa ist Expertin für Business Mindest und achtsamkeitsbasiertes Mitgefühlstraining und leitet außerdem gemeinsam mit mir die Location Independent Therapists (LIT) Community. Mehr Informationen zu Melissa und ihrem Angebot finden Sie auf ihrer Webseite

 

 

 

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Haben Sie sich schon einmal wie ein Hochstapler gefühlt? Wie haben Sie reagiert und was hat Ihnen bisher geholfen? Was werden Sie versuchen, wenn Sie sich das nächste Mal wie ein Hochstapler fühlen?

 

 Das Hochstapler-Syndrom

Foto: Masao Mask, Unsplash

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