Ich liebe mein Leben als Digitale Nomadin (auch wenn da so einiges Merkwürdiges in der Szene los ist). Aber die Freiheit von überall in der Welt aus zu arbeiten und ständig unterwegs zu sein, hat ihren Preis. Leider wird darüber noch viel zu selten gesprochen. Ist aber vielleicht auch kein Wunder, wenn man damit beschäftigt ist sein schönes Instagramprofil mit Strandfotos zu schmücken und die Fassade aufrecht zu erhalten. Deshalb möchte ich heute mal über ein paar der Schattenseiten des Digitalen Nomadenleben berichten. Über Probleme, die ich selber immer wieder erlebe genauso wie viele andere digitale Nomaden auch.

 

Schattenseiten des Digitalen Nomadenleben

Wlan und Telefonempfang

Wahrscheinlich persönlich mein größtes Problem mit dieser Art zu arbeiten, ist die ständige Suche nach dem guten Wlan und dem Handyempfang. Ich reise viel, leider auch gerne an Orte mit schwachem oder instabilem Internet. Von der kleinen, tropischen Insel mit häufigem Stromausfall bis zum Reisen in Australien, ja Australien. All diejenigen, die (wie ich bis vor einem Jahr) noch nie dort waren, seien hiermit gewarnt, Australien hat ein deutlich schlechteres Internet als die meisten Länder in Südostasien in denen ich war. Kaum Cafés mit Wlan und sobald man die Hauptstädte verlässt, kann es selbst mit dem Telefonnetz und dem einfachen Abrufen von Emails schwierig werden. Es gibt zum Glück jede Menge technische Hilfsmittel, um dieses Problem anzugehen, aber auch die helfen nicht, wenn der nächtliche Sturm das bis dahin beste Wlan seit Wochen in nicht viel mehr als eine schwachen Erinnerung des Glücks verwandelt. Es bleibt also nichts weiter übrig als zwischen Wlan und Telefon hin und her zu jonglieren und die Hoffnung nicht aufzugeben.

Zeitzonen

Wer online mit Klienten und Kollegen aus der ganzen Welt arbeitet, der wird mit diesem Problem vertraut sein. Wahrscheinlich kennen Sie sich inzwischen mit Zeitzonen aus wie kein anderer, wissen welche Zeit es gerade in New York, London und Bangkok ist. Sie wissen wie Sie verschiedene Zeitzonen in Ihrem Kalender einrichten und wann die nächste Zeitumstellung ansteht, lange bevor es die Betroffenen selbst wissen. Das Gute daran: In Australien waren meine Vormittage wunderbar ruhig da alle in Europa schliefen. Ohne das ständige Auftauchen von neuen Emails und Facebookbenachrichtigungen, war ich so viel produktiver (ich weiß, man kann diese auch gezielt abstellen, aber das ist eine andere Geschichte). Der Nachteil: all meine Klientensitzungen fanden am späten Nachmittag oder Abend statt, oft auch am Wochenende. Persönlich ist es es mir ziemlich egal ob ich am Wochenende arbeite, da sich jeder Tag ziemlich gleich anfühlt für mich und freie Tage in der Woche sogar viele Vorteile haben. Aber sobald man ein Sozialleben pflegen möchte, tja, dann ist das Arbeit am Freitag- oder Samstagabend leider nicht mehr so ganz optimal.

Lärm

Reisen in Vietnam bedeutet auch immer viel Lärm. Vom ununterbrochenen Hupen auf der Straße bis zum Baulärm, so ziemlich überall. Manche Länder und Kulturen sind definitiv leiser als andere, und ich habe gelernt, dass ich an Reisetagen wirklich nicht arbeiten sollte, insbesondere nicht dann, wenn die „kurze“ Busfahrt am Ende doch 7 Stunden dauert. Die laute Musik und der Fernseher im Bus helfen da auch nicht wirklich. Der Bus hat zwar vielleicht keine richtigen Sitze, aber einen Fernseher haben sie alle. So bleibt die Musik genauso wie das Hupen, auch trotz meiner geliebten Noise-Cancelling-Headphones, ein wesentlicher Teil der Erfahrung. Darum geht es doch auch, oder? Um neue Erfahrungen? Aber Lärm gehört für mich eindeutig zu den nervigeren Schattenseiten des Digitalen Nomadenleben, gerade in Südostasien.

 

Erschöpfung

Ja, öffentliche Transportmittel, genauso wie das Reisen überhaupt, können erschöpfend sein. Gerade das lange Reisen oder auch das schnelle Reisen. Ich selbst war 2016 in 13 verschiedenen Ländern, an manchen Orten war ich nur wenige Stunden, an anderen blieb ich mehrere Monate. Ich liebe dieses Leben und das Reisen, aber es kann auch wirklich erschöpfend sein. Oft ist das Reisen sehr viel entspannter, wenn man mehr Zeit hat oder an Orte zurück geht, an denen man bereits war. Natürlich ist auch das Reisen in weniger entwickelten Ländern, deren Sprache ich nicht spreche, anstrengeder als das Reisen durch Australien oder Europa. Aber wie dem auch sei, Reisen ist und bleibt anstrengend. Von der Recherche und Organisation im Vorfeld bis zum Herausfinden wie vor Ort alles funktioniert: wo gibt es einen Supermarkt? Was gibt es dort zu kaufen? Wo kann ich arbeiten? Natürlich gibt es auch viel zu Erkunden und neu zu Entdecken, von Tempeln über Museen bis hin zu neuen Bekanntschaften. Je nachdem von wo man anreist, kommt noch der Jetlag dazu. Wenn ich so wie jetzt durch Europa reise, dann ist das eher entspannter, dafür gibt es dann viele Freunde und Verwandte zu treffen und auch das kann natürlich – auf ganz andere Art und Weise – anstrengend sein. Bei all dem Reisen und Entdecken sollte man also nicht vergessen sich ausreichend Ruhephasen und Zeit zum Ankommen zu gönnen.

 

Oberflächliche Beziehungen

Herumreisen und neue Freunschaften schließen ist toll, aber oft auch recht oberflächlich. Woher kommst Du? Wo warst Du und wo geht es als nächstes hin? Ah, Du arbeitest online? Das ist ja toll, davon träume ich auch! Webdesigner? Nein, Psychologin. Äh, was? Wie? Oh, das klingt ja richtig spannend, erzähl mir mehr. Klar, das ist gutes Marketing für mein Online Business, und manchmal sind es auch durch nette Gespräche, aber immer wieder über dasselbe zu sprechen ist auf Dauer eben doch nicht so wirklich spannend. Ja, ich komme aus Deutschland. Und ich bin auch Französin. Auch damit kann man das Gespräch problemlos für die Dauer des nächsten Drinks aufrechterhalten. Ich weiß, ich bin gerade etwas fies, aber die Realität ist gar nicht so weit davon entfernt. Manchmal lohnen sich solche einfachen Smalltalk-Gespräche ja auch durchaus, ohne sie hätte ich auch meinen Freund nicht kennen gelernt. Aber ganz ehrlich, die meisten Reisefreunde werden nicht viel mehr werden als das was sie eben sind, Freunde auf Zeit. Was auch völlig ok ist, aber das bringt uns zu meinem nächsten Punkt…

 

In Kontakt bleiben

Ganz egal wie weit man von Familien und Freunden weg fährt und wie anders unser Alltag sein mag, die neuen Freunde, die wir unterwegs treffen werden uns nur selten so gut kennen wie die Freunde, die zu Hause geblieben sind. Wer das Glück hat, eine unterstützende und verständnisvolle Familie und Freunde zu haben, für den wird es besonders wichtig sein in regelmäßigem Kontakt zu bleiben. Es gibt auch so viel mehr zu berichten, als das, was wir in den Sozialen Medien teilen. Auch wer eine Familie hat, der es schwer fällt dieses Nomadenleben zu verstehen, der kann durch einen Blick hinter die Fassade und den regelmäßigen Kontakt das Verständnis fördern und die Beziehungen pflegen. Selbst wenn es manchmal einfacher erscheint der Einladung der neuen Bekanntschaften zu folgen, das Pflegen der Beziehungen zu den Menschen, die uns wirklich wichtig sind, ist im Grunde doch noch viel wichtiger.

Nicht „zu Hause“ sein

Auch das ist eine Schattenseite des Digitalen Nomadenleben, mit der ich immer wieder hadere. Ich liebe es neue Orte zu entdecken, anderes Essen zu probieren und stundenlang durch fremde Städte zu wandern. Aber warum kann nicht jede Matrasse, jedes Kissen, genauso sein wie ich es möchte? Warum riechen so viele Orte so merkwürdig? Und warum sind die meisten AirBnB-Küchen so schlecht ausgestattet? Nicht zu Hause sein ist etwas, mit dem ich sehr vertraut bin. Oder vielleicht eher mit dem zu Hause sein, wo auch immer ich gerade bin. All die Vorzüge genießen, die ein neuer Ort mir bietet, mich an ein neues Umfeld anpassen während ich mich gleichzeitig bemühe Routinen für meine Arbeit und meine Gesundheit, physisch und psychisch, aufrecht zu erhalten. Auch das ist zu meinem Alltag geworden.

 

Einsamkeit

Das Leben als Digitaler Nomade kann einsam sein. Es mag sehr einfach sein, neue Leute unterwegs kennen zu lernen, aber man kann sich auch inmitten von freundlichen Menschen einsam fühlen, gerade wenn diese Bekanntschaften eher oberflächlich bleiben. Wer die eigene Sprache lange nicht spricht, ständig fremdes isst, lämrbedingt nicht ausreichend schläft und gleichzeitig noch eine Selbständigkeit aufbaut oder am Laufen erhält, der kann sich schnell auch einsam fühlen. Ich selber arbeite viel alleine, aber ich weiß auch wie wichtig das Vernetzen mit Kollegen für meine Arbeit ist. Vom Austausch über komplizierte Klientenprobleme über das Planen von neuen Projekten bis hin zum Feedback für neue Ideen. Das Vernetzen mit Gleichgesinnten, mit Digitalen Nomaden und insbesondere mit Psychologen und Therapeuten ist für meine Arbeit und mich persönlich unglaublich wertvoll. Man muss nicht alles alleine stemmen. Und falls es nicht die Arbeit, sondern etwas anderes ist, weswegen Sie sich gerade einsam fühlen, dann vergessen Sie nicht ihre Mutter oder beste Freundin zurück zu rufen.

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Welche Schattenseiten des Digitalen Nomadenleben habe ich vergessen? Können Sie sich so ein Leben vorstellen oder leben Sie es sogar schon?

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