Loslassen letting go

In dem Blogeintrag der Wanderer – oder von der Kunst loszulassen ging es darum unnötige Lasten, die wir mit uns herumtragen, loszulassen. Heute möchte ich über eine andere Form des Loslassens schreiben. Über das Loslassen von Menschen. Und zwar nicht das Loslassen von Menschen, die uns nicht gut tun und somit ebenfalls eine Last sind, sondern vom Loslassen von Menschen, die uns wichtig sind. Dies mag zunächst paradox klingen, denn warum sollten wir Menschen loslassen, die uns gut tun und uns wichtig sind? Und doch gibt es im Leben immer wieder Situationen, die es von uns erfordern, dass wir lernen genau solche Menschen loszulassen.

 

Wenn sich das Leben ändert

Bestimmt kennen Sie das… Das Leben verändert sich, Sie verändern sich, oder – schwieriger zu akzeptieren – die „anderen“ verändern sich? Und plötzlich verändern sich Ihre Beziehungen, Freunde machen sich rar, und Sie bleiben zurück und müssen lernen damit umzugehen? Freunde ziehen weiter weg, schließen neue Freundschaften oder sind durch Beruf und Familie so eingespannt, dass nur noch wenig Zeit für Sie übrig bleibt? Vielleicht sind auch Sie derjenige, der wegzieht. Und obwohl Sie versuchen mit Ihren Freunden in Kontakt zu bleiben, so verändern sich die Beziehungen dennoch und manchmal verlieren sie sich auch. Manchen Menschen fällt es leicht auch auf Distanz Kontakt zu halten, für andere ist dies fast unmöglich. Und dann bleibt am Ende nur eines: Loslassen.

 

Früh übt sich?

Bereits in meiner Kindheit wurde ich mit diesem Phänomen konfrontiert. Ich habe eine französische Schule in Deutschland besucht, was bedeutet, dass viele meiner Klassenkameraden nur vorübergehend in Deutschland waren, solange der Beruf der Eltern dies erfordert hat. Meist handelt es sich hierbei um Aufenthalte von 3 oder 6 Jahren. Danach zogen sie weiter in alle Herrenländer, manchmal auch einfach nur zurück nach Frankreich. Und jedes Jahr kamen neue Kinder zu uns. Ich bin somit früh in Kontakt mit sehr unterschiedlichen Menschen geraten, die ein wenig sesshaftes Leben geführt haben und meine eigene Reisefreude wurde bestimmt auch hierdurch genährt. Für mich persönlich bedeutete dies aber auch, dass viele meiner Freunde nur vorübergehend in meiner unmittelbaren Nähe waren. Ich musste also früh lernen Freunde gehen zu lassen, versuchen auf Distanz (und das vor Zeiten von Skype und Whatsapp) in Kontakt zu bleiben. Und mich immer wieder fragen, wie sehr ich bereit bin mich auf jemanden einzulassen, wenn ich bereits vorher weiß, dass unsere Zeit befristet ist.

 

Loslassen im Paradies

Aktuell erlebe ich ein ganz ähnliches Phänomen in meinem Alltag. Ich lebe nun seit gut einem halben Jahr überwiegend auf einer tropischen Insel. Hier stelle ich immer wieder fest, dass dieses Leben eine immerwährende Übung im Loslassen ist. Im Loslassen von Menschen, die für kurze Zeit in mein Leben treten und dieses bereichern. Menschen, die für wenige Tage oder Wochen auf der Insel sind. Menschen, die neben mir auf der Yogamatte sitzen, die mit mir tauchen gehen, Menschen mit denen ich Zeit verbringe, Gespräche führe und Ausflüge unternehme. Manchmal sind es auch Menschen, die nach Jahren auf der Insel beschließen fort zu gehen. Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind.

 

Loslassen heißt nicht vergessen

Natürlich bleiben viele Begegnungen hier oberflächlich, manchmal entwickeln sich aber gerade durch diese Umstände besonders tiefe und berührende Gespräche und Begegnungen. Und gerade dann heißt es wieder: Loslassen. Den anderen weiter ziehen zu lassen. Vielleicht in Kontakt bleiben und sich irgendwann auch wiedersehen. Aber zunächst einmal: den anderen gehen lassen. Sich über den (manchmal kurzen) gemeinsam verbrachten Moment freuen. Zu erkennen, dass eine Begegnung nicht dadurch weniger wert ist, dass sie nur von kurzer Dauer ist. Und auch wenn wir uns nie wieder sehen werden, ich werde die Begegnung, den Blick, das Gespräch, die Berührung, in meiner Erinnerung und meinem Herzen bewahren. Sie hat mich bereichert. Und auch wenn das Loslassen nicht immer einfach ist, die Freude über diese Begegnungen überwiegt. Und so übe ich täglich aufs Neue. Loslassen. Mit jedem Ausatmen aufs Neue…

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