Die sozialen Medien haben unsere moderne Welt verändert, einschließlich unserer Wahrnehmung von Prominenten und der Art, wie wir mit ihnen interagieren. Apps wie Instagram und TikTok erlauben uns Einblicke in das Privatleben unserer Lieblingsstars und Influencer*innen. Wir wissen, welche Autos sie fahren, wo sie ihren Urlaub verbringen und wie ihr Zuhause dekoriert ist. Viele teilen sogar noch intimere Details mit ihrem Publikum, wie zum Beispiel ihre psychischen Probleme oder Einzelheiten über ihr Liebesleben. Wenn man einer Person online folgt, kann man viel über sie lernen, wodurch eine gewisse Illusion von Intimität entstehen kann, die mitunter dazu führt, dass man diesen Menschen als eine Art Freund*in wahrnimmt. Aber die Sache hat einen Haken: Meist weiß die andere Person gar nicht, dass wir existieren. Diese Art von einseitigen Beziehungen zu bekannten Persönlichkeiten werden als parasoziale Beziehungen oder parasoziele Interaktionen bezeichnet. 

 

 

Fiktive Freundschaften - Das Phänomen parasoziale Beziehungen

Foto: Becca Tapert, Unsplash

 

Eine parasoziale Beziehung entsteht, wenn wir als Konsument*innen wiederholt mit Medienpersönlichkeiten interagieren. Obwohl uns soziale Medien viele neue Möglichkeiten eröffnet haben, um mit Fremden in Kontakt zu treten (z.B. über Kommentieren, Folgen, Liken oder Direktnachrichten), ist das Phänomen nicht neu und auch nicht auf Influencer*innen und Prominente beschränkt. Donald Horton und Richard Wohl, die den Begriff “parasocial relationships” prägten, forschten bereits 1956 zu der Wahrnehmung von Talkshow-Moderator*innen durch die Medien und das Publikum. Andere Wissenschaftler*innen betonen, dass es auch möglich ist parasoziale Interaktionen mit Freund*innen oder sogar fiktiven Figuren zu haben. Mit welchen Fernsehserien sind Sie aufgewachsen? Haben Sie sich mit den Charakteren Ihrer Lieblingssendungen nicht auch identifiziert und verbunden gefühlt?

In der Vergangenheit wurden parasoziale Beziehungen als pathologisch, also krankhaft, angesehen. Es wurde angenommen, dass sie Ausdruck von Einsamkeit, Bindungsängsten oder psychischen Störungen, wie Depressionen und Angstzuständen, seien.

Die meisten modernen Studien stützen diese Behauptungen jedoch nicht. Ganz im Gegenteil zeigen Forschungsergebnisse, dass parasoziale Beziehungen häufig auftreten und völlig normal sind. Parasoziale Interaktionen können unser Wohlbefinden sogar positiv beeinflussen, indem sie uns ein Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln, unser Selbstbewusstsein stärken oder uns Zuneigung und Dankbarkeit anderen gegenüber empfinden lassen. Besonders während der COVID-19-Pandemie haben uns diese Arten von Beziehungen dabei geholfen, unser universelles Bedürfnis nach menschlicher Bindung zu befriedigen. Dennoch können parasoziale Beziehungen niemals echte zwischenmenschliche Beziehungen ersetzen. Deshalb möchte ich heute mit Ihnen einige Informationen und Tipps teilen, damit Ihre virtuellen Interaktionen Ihr soziales Leben nicht negativ beeinflussen, sondern ergänzen.

 

 

Seien Sie achtsam

 

Es spricht nichts dagegen, gelegentlich Reality-TV-Shows zu sehen oder soziale Medien zu nutzen. Ein übermäßiger Medienkonsum kann unserer psychischen Gesundheit aber schaden. Aufgrund unseres angeborenen Drangs, sich mit anderen zu vergleichen, kann das Eintauchen in die glamouröse Online-Welt der Reichen und Berühmten schnell zu Unzufriedenheit mit unserem eigenen, scheinbar langweiligen und ereignislosen Leben führen. Ausserdem kann übermäßiger Social Media Konsum Minderwertigkeitskomplexe, eine negativere Selbstwahrnehmung und Unzufriedenheit mit unserem Aussehen und Körper verursachen. 

Wenn Sie also viel Zeit online verbringen, denken Sie immer daran, dass das was Sie sehen selten die Realität widerspiegelt. Die meisten Influenzer*innen (und wahrscheinlich auch Menschen aus ihrem eigenen Umfeld) verwenden Makeup, künstliches Licht und unnatürliche Posen um auf ihren Bildern möglichst perfekt auszusehen. Viele Inhalte in Ihrem Instagram-Feed sind stark bearbeitet und durch Filter aufgehübscht. Die meisten Menschen nutzen Soziale Medien um ausgewählte Highlights ihres Lebens darzustellen mit wunderschönen Urlaubsbilder und perfekten Selfies. Nur die wenigsten Accounts spiegeln eine genaue Darstellung davon, wie das Leben eines Menschen tatsächlich aussieht.

Darüber hinaus haben Internet-Persönlichkeiten, Prominente, Marken und viele Unternehmer*innen meist ein ganzes Team von Assistent*innen, die ihre Social-Media-Accounts verwalten. Ich selbst habe zwei virtuelle Assistentinnen, die mich bei der Erstellung von Inhalten unterstützen – eine für meine psychologische Onlineberatung und eine für die Location Independent Therapists (LIT) Community. Denn wie die meisten Unternehmer*innen mache auch ich nicht alles allein!

 

 

Respektieren Sie Grenzen

 

Für Sie selbst mag Ihr Idol ein wichtiger Teil Ihres Lebens sein, doch Sie sind für diese Person lediglich eine bzw. einer von vielen, vielleicht sogar Hunderttausenden von Fans. Auch wenn Ihr Lieblingspromi Ihre Unterstützung sicherlich zu schätzen weiß, bleiben Sie für ihn oder sie eine fremde Person. Achten Sie deshalb immer darauf, die Privatsphäre der Person zu respektieren und denken Sie daran, dass niemand dazu verpflichtet ist, auf Ihre Nachrichten zu antworten oder sich mit Ihnen zu treffen. Es ist in Ordnung zu einem Star aufzublicken, aber lassen Sie Ihre Bewunderung nicht zu einer Besessenheit werden.

 

 

Nutzen Sie parasoziale Beziehungen als Sprungbrett


Einer der größten Vorzüge von Social Media ist, dass es uns ermöglicht, Menschen aus der ganzen Welt zu treffen. Es ist eine ideale Plattform um mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten und mit Ihnen eine Gemeinschaft aufzubauen. Nutzen Sie parasoziale Interaktionen als Sprungbrett für den Aufbau echter zwischenmenschlicher Beziehungen, indem Sie Fanclubs oder anderen Online-Communities beitreten und Menschen treffen, die dieselben Filme, Podcasts, Musik oder Hobbies mögen. 

Sie können soziale Medien auch dazu nutzen, berufliche Kontakte zu knüpfen und Ihr Netzwerk zu erweitern. Tatsächlich haben mir mehrere heutige Mitglieder der Location Independent Therapists erzählt, dass sie mir, bzw. der LIT Community, einige Zeit gefolgt sind, bevor sie den Sprung gewagt haben und unserer Gruppe beigetreten sind.

 

 

Pflegen Sie Ihre offline Beziehungen

 

Wie bereits erwähnt, können parasoziale Beziehungen als eine Ergänzung zu Ihrem sozialen Leben dienen. Sie können aber niemals die tiefe zwischenmenschliche Bindung ersetzen, die Sie zu Menschen in Ihrem echten Leben aufbauen. Zeit mit einem geliebten Menschen zu verbringen ist gut für die Seele, also denken Sie daran, sich regelmäßig mit Ihren Freund*innen und Ihrer Familie zu treffen.

Wenn Sie feststellen, dass Sie zu häufig in soziale Medien flüchten, sollten Sie versuchen die zugrunde liegenden Ursachen für Ihr Verhalten zu identifizieren. Sind Sie vielleicht unzufrieden mit Ihren Beziehungen? Oder haben Sie das Gefühl, dass es in Ihrem Leben an sinnvollen Verbindungen mangelt? Wenn Sie regelmäßig von Gefühlen der Einsamkeit und Isolation geplagt werden, kann es hilfreich sein mit einem*r Berater*in oder Therapeut*in darüber zu sprechen, um zu lernen mit diesen Gefühlen umzugehen. 

 

 

*****

 

 

Was halten Sie von parasozialen Beziehungen? Folgen Sie vielen Prominenten in den sozialen Medien oder interagieren Sie lieber nur mit Menschen, die Sie aus dem realen Leben kennen?

 

 

Das Phänomen parasoziale Beziehungen

 

Subscribe now for monthly tips and exercises for your mental health & exclusive insights into my virtual practice

Thanks! Don't forget to check your inbox and confirm your subscription! See you soon