wie ich als digitale Nomadin soziale Kontakte pflege

Als Dauerreisende und digitale Nomadin soziale Kontakte zu pflegen kann eine Herausforderung sein. Für die meisten Menschen, egal ob Reisende oder Sesshafte, kann es schwierig sein, neue Freundschaften zu knüpfen. Auch bevor ich Deutschland ganz verlassen habe war es schon so, dass ich mehrfach innerhalb von Deutschland den Wohnort gewechselt habe, für das Studium, für eine Beziehung, für einen Job oder einfach, weil ich gerne in einer bestimmten Stadt leben wollte. Das kennen viele, der Kreis der Menschen, die auf Dauer in ihrer Heimatstadt bleiben und ihren Freundeskreis aus Kindheitstagen auch langfristig in ihrer Nähe haben, der wird immer kleiner. Als digitale Nomadin wird man aber vor ganz neue Herausforderungen gestellt, denn man kann nicht mal eben in den Zug steigen um ein Wochenende bei Freunden zu verbringen oder sich einfach mal abends auf ein Glas Wein mit Kollegen treffen.

Kontakt zu „alten“ Freunden

Es ist nicht immer einfach, Kontakt zu Freunden zu halten, die „zu Hause“ geblieben sind, wenn mal als Dauerreisende unterwegs ist. Obwohl ich jedes Jahr auch in Deutschland zu Besuch bin, ist es doch so, dass ich oft eben nicht da bin. Geburtstage, Hochzeiten und all die kleinen Momente zwischendurch. Unsere Leben sind so unterschiedlich, dass es of schwer ist, zu erklären, wie mein Alltag tatsächlich aussieht, wo ich gerade bin und warum es nicht immer nur toll ist, in tollen Urlaubsparadiesen zu sein. Andersrum gilt das natürlich genauso. Je länger man unterwegs ist, desto mehr kann das Gefühl entstehen, dass sich unsere Leben einfach so unglaublich unterschiedlich entwickeln. Aber das ist natürlich auch etwas, das viele kennen, die einfach nur in eine andere Stadt gezogen sind oder deren Leben sich einfach anders entwickeln, weil die einen Kinder bekommen und die anderen Karriere machen oder plötzlich ganz neu anfangen.

Am Ende bedeutet es aber vor allem, dass man zwar vielleicht zu weniger Menschen intensiv Kontakt hat, aber diejenigen, die bleiben, die bleiben dann auch wirklich. Egal, wie oft man sich sieht und was in der Zwischenzeit alles passiert ist. Zum Glück ist es heutzutage ja auch sehr einfach auch über die Distanz Kontakt zu halten. Außerdem habe ich persönlich das große Glück, dass viele meiner Freunde sehr reisefreudig sind und ich diese somit immer wieder an ganz unterschiedlichen Ecken der Welt treffen kann.

Neue Menschen kennenlernen

Da ich unterwegs überwiegend Wohnungen und Apartments miete und nicht in Gemeinschaftsunterkünften wohne, lerne ich, im Gegensatz zu vielen Touristen und Backpackern, gar nicht so viele Menschen „einfach so“ kennen. Mir fällt das vor allem immer wieder dann auf, wenn ich mal wieder unterwegs bin zum nächsten Ort und z.B. mit dem Bus fahre, auch mal in einem Guesthouse übernachte oder eine geführte Tour mit anderen Touristen mache. Beim Reisen als Tourist und Backpacker ist es unglaublich einfach Leute kennen zu lernen. Wenn man aber einen großen Teil der Woche alleine in einer Wohnung verbringt und arbeitet, dann ist das natürlich schon deutlich schwieriger.

Andererseits ist es aber auch so, dass es natürlich nicht so leicht ist, die „richtigen“ Leute kennen zu lernen. Erst kürzlich habe ich in einem kleinen Hotel dem Gespräch von ein paar Backpackern am Nebentisch gelauscht und mich wieder sehr alt gefühlt. Mein Reisen hat wenig damit zu tun, wo man den billigsten Alkohol bekommt und wie man am günstigsten von A nach B kommt oder ob 2 Tage in Stadt X zu wenig oder schon zu viel sind.

Digitale Nomaden Meetups und Events

Was ich also stattdessen mache? Ich suche gezielt nach digitalen Nomaden und Expats, die einen ähnlichen Lebensstil wie ich führen. Meistens lernen wir uns über Facebookgruppen oder andere Foren und Plattformen kennen. In manchen Städten gibt es gut organisierte örtliche Gruppen von ortsunabhängig Arbeitenden, die regelmäßige Treffen veranstalten. So war ich z.B. im April in Athen bei einer Yogastunde für digitale Nomaden und diversen anderen Veranstaltungen, bei denen ich viele wunderbare Menschen kennen gelernt habe. Im Mai habe ich in Split, Kroatien, eine Nomadin getroffen, die ich über eine Facebookgruppe kennengelernt hatte (so nach dem Motto: „ich bin in Split, wer noch?“) und wir sind u.a. zusammen zu einer Yogastunde vor Ort gegangen. Yoga ist überhaupt etwas, wo man gut Menschen kennenlernen kann und wenn ich länger in einer Stadt bin, dann versuche ich auch oft vor Ort zu Yogastunden zu gehen und manchmal ergeben sich daraus auch wirklich nette Bekanntschaften.

Im Oktober werde ich in Kolumbien zu einer Konferenz für digitale Nomaden gehen und dort zusammen mit einer Kollegin, die ich natürlich auch online kennen gelernt habe, einen Workshop zur psychischen Gesundheit von digitalen Nomaden halten. Gleichzeitig werde ich dort viele Nomaden, die ich bisher nur online kannte, auch persönlich treffen und noch mehr neue Kontakte knüpfen. Solche Veranstaltungen und Events sind mit Sicherheit ein sehr guter Weg neue Leuten kennen zu lernen und ich habe mir fest vorgenommen, wieder mehr Ausschau nach solchen Möglichkeiten zu halten. In meinem „alten“ Leben an der Uni und in der Forschung war ich sehr oft auf Kongressen und Konferenzen und fand es immer wieder spannend, so viele neue Dinge zu lernen und gleichzeitig so leicht mit Menschen in Kontakt zu kommen.

Was ist eigentlich mit Einheimischen? Deshalb reise ich doch auch, oder?

Natürlich lerne ich auch Einheimische kennen, aber so schön und spannend das auch ist, so oft bleibt der Kontakt doch auch oft oberflächlicher. Ich liebe es, Dinge über das Land und die Leute zu erfahren und gemeinsam neue Orte kennen zu lernen. Aber in vielen Ländern ist es z.B. fast unmöglich, den Menschen wirklich zu erklären, was ich beruflich mache oder wie ich lebe. Psychologen und Therapie sind ein sehr westliches Phänomen, und ständig zu Reisen, das können sich die wenigsten Menschen auf der Welt leisten. Je länger ich unterwegs bin, desto wichtiger wird es mir auch, intensivere Kontakte zu knüpfen, mit Menschen, mit denen mich mehr verbindet und die ich dann auch vielleicht in ein paar Monaten an einem anderen Ort wieder treffen kann.

Weiterbildungen und Seminare

Als Psychotherapeutin ist es natürlich wichtig, sich regelmäßig auch beruflich weiter zu bilden. Einen Teil meiner Fortbildungen mache ich (wo sonst?) online, aber ich verknüpfe auch meine Deutschlandbesuche z.B. regelmäßig mit dem Besuch von Seminaren und Workshops um auf dem neuesten Stand zu bleiben und neue Impulse für meine Arbeit zu erhalten. Gleichzeitig sind solche Veranstaltungen aber auch ein guter Weg neue Kontakte zu knüpfen.

Auch hier macht ein verbindendes Element, in diesem Fall der Beruf und das Interesse an einem Thema, es oft leichter in Kontakt zu kommen. Ob sich daraus dann wirklich neue und intensivere Freundschaften entwickeln, das steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Freunde von Freunden

Oft ist es inzwischen aber auch so, dass jemand jemanden kennt, der in der Stadt ist, in der ich gerade bin und uns miteinander in Kontakt bringt. So habe ich mich in Antigua, Guatemala, kürzlich mit anderen digitalen Nomaden zum Arbeiten in einem Café verabredet und mit noch jemand anderem war ich abends mehrmals was trinken. Einige von denen werde ich im Oktober dann auch in Kolumbien bei der Konferenz wiedersehen, worauf ich mich schon sehr freue. Denn ein paar gemeinsame Abende sind zwar sehr schön und können einem schon das Gefühl geben, dass sich daraus eine Freundschaft entwickeln könnte, aber natürlich braucht so etwas auch Zeit um sich weiter zu entwickeln.

Online Kontakte

So schön es immer wieder ist, Menschen persönlich zu treffen, so ist es doch aber schon auch so, dass der größte Teil meines Lebens als digitale Nomadin online stattfindet. Der Hauptweg, über den ich als digitale Nomadin soziale Kontakte pflege ist somit natürlich ebenfalls online. Sei es durch Nachrichten und Telefonate mit Freunden oder durch den Austausch in Gruppen und Foren. Gerade Facebookgruppen sind ein guter Weg, um mit Menschen mit ähnlichen Interessen oder Lebensstilen in Kontakt zu kommen. Oft entwickelt sich aus diesen Gruppenkontakten dann auch mehr, sei es, weil man gemeinsam ein Projekt startet (dazu gleich mehr) oder weil man sich auch mal persönlich treffen kann, sei es online (z.B. bei einem virtuellen Kaffee bei Skype) oder eben auch offline.

Als Psychotherapeutin bin ich es gewohnt, alleine zu arbeiten. Dennoch (oder auch gerade deshalb?) ist Vernetzung mit Kollegen für mich ein unglaublich wichtiger Bestandteil meines Lebens. Neben diversen Kooperationen und direktem Austausch mit einzelnen Kollegen bin ich auch in einigen Fabebookgruppen für online tätige Kollegen.

Noch wichtiger ist mir aber der direkte Austausch im Gespräch, weshalb ich mich mehrmals pro Monat mit Kollegen in einer Mastermind- und Intervisionsgruppe (natürlich online) treffe. Da der Weg zur eigenen Onlinepraxis mühsam und einsam sein kann, biete ich inzwischen auch Mastermindgruppen für Kollegen an, die auf dem Weg zur eigenen Onlinepraxis gerne etwas mehr Unterstützung hätten.

Virtuelle Buchklubs

Eines meiner Ziele für 2018 war es mehr und regelmäßiger zu lesen. Ganz konkret habe ich mir zum Ziel gesetzt, jede Woche eine Buch zu lesen. Eine Maßnahme, die es mir erleichtert dieses Ziel konsequent zu verfolgen, ist der online Buchklub, dem ich Anfang des Jahres beigetreten bin. Jeden Monat lesen wir ein Buch und besprechen es dann während eines 90-minütigen Videogesprächs. Alle Teilnehmer des Buchklubs sind digitale Nomaden oder arbeiten ortsunabhängig und wir lesen immer Wechsel einen Roman und ein Sachbuch. Mir hat die Idee und die Umsetzung davon sogar so gut gefallen, dass ich mit einer Kollegin, die ebenfalls als Psychologin online arbeitet, einen weiteren Buchklub gegründet habe, in dem wir, zusammen mit anderen online Psychologen, Bücher lesen, die mit unserer Arbeit zu tun haben. Letzten Monat haben wir z.B. das Buch The Happiness Trap (Deutsch: Wer dem Glück hinterher rennt… ) von Dr. Russ Harris gelesen. Ein Buch, dass ich vielen meiner Klienten empfohlen habe, noch bevor ich es selber gelesen hatte. Ich hatte letztes Jahr eine Weiterbildung bei dem Autor gemacht und setze diese Form der Therapie auch häufig in meiner Arbeit ein. Wer mehr über das Buch erfahren möchte, kann hier meine Empfehlung dazu nachlesen.

Beide Buchklubs erfüllen neben dem Lesezweck natürlich auch eine soziale Funktion, ich treffe mich sozusagen jeden Monat mit Kollegen und Freunden für je 90 Minuten und diskutiere ein Buch und ein Thema. Aus Fremden und flüchtigen online Bekannten sind über die Monate inzwischen richtige Freunde geworden und ich freue mich auch besonders darauf, im Oktober einige davon persönlich in Kolumbien zu treffen.

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So pflege ich also als digitale Nomadin soziale Kontakte und versuche die Balance zwischen alten und neuen Freunden, zwischen online und offline Kontakten zu halten. Was tun Sie alles, um neue Menschen kennen zu lernen und den Kontakt zu alten Freunden zu erhalten?

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